Qualitative Inhaltsanalyse

Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein verbreitetes und oft angewendetes Auswertungsverfahren innerhalb der qualitativen Sozialforschung. Dabei ist zu beachten, dass es "die" qualitative Inhaltsanalyse eigentlich nicht gibt, sondern dass es sich um unterschiedliche, mehr oder weniger ähnliche Verfahren mit dem selben Namen handelt. Die unterschiedlichen Verfahren streben an, Texte bzw. verschriftlichte Kommunikation systematisch auszuwerten und zu interpretieren. Dabei wird in allen Verfahren für die Auswertung ein Kategoriensystem verwendet. Einige Arten der qualitativen Inhaltsanalyse sind auch gegenüber quantitativen Analyseschritten offen.

Ziel der Methode

Für welche Forschungsfragen ist die qualitative Inhaltsanalyse geeignet?

Die qualitative Inhaltsanalyse ist für solche Fragen geeignet, bei denen kommunikative Inhalte regelgeleitet analysiert werden sollen. Je nach Wahl des speziellen Verfahrens können die Forschungsfragen unterschiedliche Schwerpunkte abdecken.

Welche Daten(art) brauche ich?

Die qualitative Inhaltsanalyse bietet sich für viele Datenarten an. Es können sowohl Dokumente (wie Akten, Briefe, Schulbücher, Arbeitsblätter, E-Mails, Zeitungsartikel usw.) als auch verschriftlichte Kommunikation, d.h. beispielsweise Transkripte von qualitativen Interviews mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet werden. Deshalb ist die Methode auch dazu geeignet, unterschiedliche textliche Datenarten zu kombinieren.

Kennzeichen qualitativer Inhaltsanalyse

Was ist eine Kategorie?

Die Basis der qualitativen Inhaltsanalyse besteht darin, Textstellen sogenannten Kategorien zuzuordnen. Kategorien haben einen abstrakten, klassifizierenden Charakter und sollen den Inhalt der jeweiligen Textstellen widerspiegeln.
Die Bildung von Kategorien kann entweder induktiv oder deduktiv vollzogen werden.

  • Induktiv: Die Kategorie wird "am Material", d.h. an der jeweiligen Textstelle entwickelt. Es wird überlegt, welche Kategorie diese Textstelle am Besten repräsentieren kann.
  • Deduktiv: Die Kategorie wird im Vorhinein auf Basis einer Theorie oder Vorwissens erstellt. Die Textstelle wird dann der Kategorie zugeordnet
  • Deduktiv-induktiv: Vor der Kodierung werden einige Kategorien deduktiv abgeleitet. Diese werden ergänzt durch Kategorien, die induktiv am Material erstellt werden.

Was bedeutet es zu kodieren?

Kodieren bedeutet, Textstellen jeweiligen Kategorien zuzuordnen. Dies kann - wie bereits gesagt - entweder induktiv oder deduktiv ablaufen. Es gibt aber auch Mischformen der beiden Vorgehensweisen. Üblich ist beispielsweise, dass bestimmte Hauptkategorien (d.h. übergeordnete, allgemeinere Kategorien) bereits im Vorfeld deduktiv festgelegt werden und im Laufe des Kodierens diese Hauptkategorien induktiv durch Unterkategorien ergänzt und differenziert werden.
Wie lang die jeweilige Textstelle (die sogenannte Kodiereinheit) ist, die einer Kategorie zugeordnet wird, variiert. Es können sowohl einzelne Wörter, Abschnitte als auch ganze Texte einer Kategorie zugeordnet werden.

Für das Kodieren gibt es spezielle Softwareangebote, die unterstütztend eingesetzt werden können. Hierzu zählen Softwares wie MaxQda, RQDA oder Atlas.ti. Es ist aber nicht zwingend notwendig, eine Kodierung mit Hilfe einer Auswertungssoftware durchzuführen.

Was ist das Kategoriensystem?

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Im Kategoriensystem werden alle gefundenen Codes und Kategorien systematisch zusammen getragen. Das Kategoriensystem ist somit das Herzstück der qualitativen inhaltlichen Analyse. Die Form des Kategoriensystems kann unterschiedlich sein: Beispielsweise hat das Kategoriensystem die Form einer Liste, einer hierarchische Struktur oder ist ein Netzwerk aus unterschiedlichen Kategorien.

Beispiel Kodieren

Was ist ein Kodierleitfaden?

Die gebildeten Kategorien werden in einem Kodierleitfaden festgehalten. Dieser enthält:

  • Namen der Kategorie
  • Definition der Kategorie
  • Ankerbeispiel (typische Textstelle/Kodiereinheit für die jeweilige Kategorie)
  • evtl. Kodierregeln (wenn Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Kategorien bestehen, wird hier nochmal genauer festgelegt, was wann wie kodiert wird)
    Der Kategorienleitfaden dient dazu, ein regelgeleitetes Vorgehen zu gewährleisten.

Allgemeiner Ablauf einer qualitativen Inhaltsanalyse

Hier wird ein allgemeiner Ablauf einer qualitativen Inhaltsanalyse vorgestellt. Je nach gewähltem Verfahren kann der Ablauf aber auch davon abweichen.
Dieser Ablaufplan ist angelehnt an das Werkzeugkastenmodell von Schreier (2014).

Fall- und themenorientierte Auswertung

Unterschiedliche Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse

Es gibt unterschiedliche Verfahren, die zur qualitativen Inhaltsanalyse zählen. Allen Verfahren ist gemeinsam, dass sie regelgeleitet anhand eines Kategoriensystems Kommunikation bzw. textliches Material auswerten möchten.

Die einzelnen Varianten werden in anderen Artikeln unseres e-Learning Angebots vorgestellt. Dazu zählen:

  • Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
  • Die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz

Darüber hinaus sind gerade Spezialisierungen für die Auswertung von Expert*inneninterviews in Entstehung:

  • Die qualitative Inhaltsanalyse nach Meuser und Nagel
  • Die qualitative Inhaltsanalyse nach Gläser und Laudel

Zusammenfassung

Literaturhinweise

Stamann, Christoph; Janssen, Markus & Schreier, Margrit (2016). Qualitative Inhaltsanalyse – Versuch einer Begriffsbestimmung und Systematisierung, in: Forum Qualitative Sozialforschung, 17(3): Art. 16.

Mayring, Philipp; Fenzl, Thomas (2019): Qualitative Inhaltsanalyse, in: Baur, Nina; Blasius, Jörg (Hrsg): Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung, Wiesbaden: Springer VS, S. 633-648.

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Autor*innen dieses Artikels

Yvonne Kohlbrunn (Methodenzentrum), Carla Scheytt (Methodenzentrum)

Diese Seite wurde zuletzt am 27.04.2021 aktualisiert.